Gesund bleiben und dabei CO2 sparen – Bericht aus der Bayerischen Staatszeitung

Immer mehr Bürger in Bayern beteiligten sich an den kommunalen Stadtradeln-Aktionen – (als PDF)

Hunderttausende Menschen in der Bundesrepublik nehmen alljährlich an der Aktion Stadtradeln teil. Seit 2008 gibt es die Kampagne. Auch Bayerns Kommunen sind mit starken Teams vertreten. Würzburg ist fast von Anfang an dabei: 2009 schwangen sich die ersten 300 Bürger aufs Rad, um bei dem Wettbewerb mitzumachen. Von Jahr zu Jahr wurden es mehr. „Letztes Jahr hatten wir 1400 Teilnehmer“, freut sich Würzburgs Klimabürgermeister Martin Heilig (Grüne).Nicht zuletzt durch diese Aktion sei es in Würzburg geglückt, Radfahren, so Heilig, zu einer „coolen Sache“ zu machen. Heilig selbst beteiligte sich schon mehrmals am Stadtradeln, letztes Jahr nahm auch einer seiner Söhne teil. Dass es sich um einen Städtewettbewerb für den Klimaschutz handelt, mache die Kampagne spannend und emotional, findet der Klimabürgermeister. Als passionierter Radfahrer ist man selbstverständlich dabei. Drei Wochen lang wird in die Pedalen getreten, um möglichst viele Kilometer zu radeln und möglichst viel CO2 zu sparen. In Würzburg findet der Wettbewerb heuer vom 19. September bis zum 9. Oktober statt.

Wie groß das Interesse ist, das in Würzburg an einem radfreundlichen Verkehr besteht, erfuhr Martin Heilig im Wahlkampf im Vorfeld der letzten Kommunalwahlen, an denen er sich als OB-Kandidat beteiligt hatte. „Viele Bürger sind unzufrieden mit der aktuellen Situation“, erfuhr er. Als Klimabürgermeister will Heilig für mehr Radfahrerfreundlichkeit sorgen: „Wobei es schwer ist, bei der Verkehrsplanung allen Interessen gerecht zu werden.“

Das Rad sei ein entscheidender Faktor beim Kampf gegen den Klimawandel, so Christina Walzner vom Landkreis München. Die Kommune nahm heuer zum siebten Mal teil. Vom 28. Juni bis 18. Juli schwangen sich mehr als 4650 Radler in den Sattel. Sie strampelten über eine Million Kilometer ab und sparten auf diese Weise 155 Tonnen CO2 ein. „Ein Berufspendler, der je fünf Kilometer mit dem Rad zur Arbeit und zurückfährt, anstatt das Auto zu benutzen, spart im Jahr 300 Kilogramm CO2-Emissionen“, rechnet Walzner vor.

Landkreis München liegt bundesweit auf Platz 2

Im Landkreis München machen von Jahr zu Jahr mehr Gemeinden bei der Aktion mit. „26 unserer 29 Landkreiskommunen sind diesmal dabei“, informiert die Pressesprecherin. Wobei die Würmtal-Gemeinden Neuried, Planegg und Gräfelfing heuer einen eigenen Stadtradeln-Zeitraum im September haben werden. Weil so viel geradelt wird, belegte der Landkreis München 2019 bundesweit den zweiten Platz in der Gewinnkategorie „Fahrradaktivste Kommune mit den meisten Radkilometern“ in der Kategorie von Kommunen mit 100 000 bis unter 500 000 Einwohnern.

Sie habe sich gern für die Aktion einspannen lassen, erzählt Anna Scherbaum, die in Bambergdie örtliche Volkshochschule (VHS) leitet. Ihre Stadt beteiligt sich seit 2015 am Stadtradeln. „Letztes Jahr wurde ich gefragt, ob ich als Stadtradelstar Vorbildfunktion einnehmen möchte“, schildert die VHS-Chefin. In den drei Wochen, in denen sie auf das Auto verzichtet hatte, habe sie „interessante Gespräche geführt, meine Umgebung neu kennengelernt und einige neue ahrradstrecken ausprobiert, die ich auch jetzt beibehalte und weiterhin per Rad zurücklege“. Radelnd der Klimaveränderung den Kampf anzusagen, sei eine tolle Sache, findet Anna Scherbaum. Diese Meinung teilen viele Menschen in Bamberg: 1315 Bürger*innen radelten heuer vom 15. Juni bis zum 5. Juli fast 300 000 Kilometer. „Es gibt bei uns betriebliche Teams, Freundeskreise, Hausgemeinschaften und Familien, die sich gemeinsam anmelden“, so Scherbaum. Insgesamt werde das Fahrradfahren in Bamberg immer beliebter: „Die Sicherheit mancher Radwege und die qualitative Gestaltung der Radinfrastruktur könnte allerdings noch verbessert werden.“ Auch die Abstellzonen seien mancherorts ein Problem.

Leider dreht sich in der Verkehrspolitik noch immer fast alles ums Auto, bedauert Klaus Novak, Vorstandsmitglied im „Lauftreff Baiersdorf“, der in diesem Jahr ebenfalls als „Stadtradelstar“ an dem Wettbewerb teilnahm. Die Kommune im mittelfränkischen Landkreis Erlangen-Höchstadt trägt den Titel „Fahrradfreundliche Gemeinde“. Für den nach eigenem Bekunden leidenschaftlichen Sportler Klaus Novak ist dies jedoch lediglich „ein Schmuck“ und „völlig unbegründet“. Es gebe nur einzelne Strecken für Radler: „Alle unsere Straßen sind für das Auto gebaut worden, selbst die Ampelanlagen werden für diese optimal geschaltet.“

Möglicherweise geht nun doch ein lang gehegter Wunsch der Baiersdorfer Radler in Erfüllung: Die Grünen brachten in den Stadtrat einen Entschlussantrag ein, dass ein Radfahrnetz inklusive eines Radfahrkonzepts erstellt werden soll. Durch die Teilnahme am Stadtradeln wollen Novak und andere darauf aufmerksam machen, wie wichtig dies in ihren Augen ist.

Von den rund 7200 Einwohner*innen machten heuer mehr als 200 beim Wettbewerb mit. Sie radelten zwischen dem 1. und 21. Mai über 56 000 Kilometer und sparten auf diese Weise acht Tonnen CO2 ein.

Weniger gute Bilanz im mittelfränkischen Ansbach

In Ansbach gehört Bernhard Schmid der Community der passionierten Radler an. Innerhalb des Wettbewerbs fungiert der Ortsverbandssprecher der Ansbacher Grünen seit 2012 als Kapitän des Teams Sonnenblume. Das Stadtradeln bekomme während der dreiwöchigen Laufzeit eine ganz eigene Dynamik, sagt er: „Es kommen immer mehr Menschen dazu, was ja auch bis zum letzten Wettbewerbstag möglich ist.“ In Ansbach wurde vom 15. Juni bis 5. Juli geradelt. 355 Bürger machten mit: „Damit belegen wir im Ranking der bayerischen Kommunen angesichts unserer Einwohnerzahl von fast 50 000 natürlich keinen besonders guten Platz“. Es ist der Mix aus sportlichem Wettbewerb und Politik, der Schmid am Stadtradeln begeistert: „Man will noch einen Platz im Team-Ranking oder in der Kommune nach oben rutschen und fährt auch am Wochenende mit dem Rad statt mit dem Auto.“ Gleichzeitig beginne man, sich Gedanken zu machen und sich mit anderen über das Radfahren auszutauschen. Schmid: „Ganz wichtig ist die mit der Stadtradel-App verbundene RFunktion, über die unkompliziert Missstände an die Stadtverwaltung gemeldet werden können.“

PAT CHRIST

Artikel kommentieren

Artikel kommentieren